Aus der Forschung in die Praxis
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Seit Jahren wird in Studien bei Patientinnen mit wiederholten Aborten (≥ 2 aufeinanderfolgende Aborte in derselben Partnerschaft) oder einem rezidivierenden Implantationsversagen (nicht einheitlich definiert, z.B. ≥ 2 Embryotransfers mit ≥ 4 zeitgerecht entwickelten Embryonen guter Qualität) die Bedeutung/Notwendigkeit der Diagnostik und Therapie einer chronischen Endometritis untersucht.
Die Prävalenz wird in den Untersuchungen unterschiedlich beschrieben. Bouet et al. (2016) gaben sie mit 27% (wiederholte Aborte) bzw. 14% (Implantationsversagen) an, wenn nicht nur hysteroskopiert sondern das Endometrium auch biopsiert und untersucht wurde. In einer anderen Untersuchung bei Patientinnen mit wiederholtem Implantationsversagen und einer chronischen Endometritis führte eine antibiotische Therapie (nach Antibiogramm der nachgewiesenen Erreger) bei einer nachfolgenden IVF zu einem signifikanten Anstieg der Schwangerschafts- und Lebendgeburtenrate, wenn die antibiotische Therapie erfolgreich war (verglichen mit einer Gruppe mit persistierender Endometritis) (Cicinelli et al. 2015).
Dasselbe Ergebnis mit einem zwar nicht signifikanten, aber klinisch durchaus relevanten Anstieg der Lebendgeburtenrate um fast 20% beschrieb eine andere Arbeitsgruppe bei Patientinnen mit wiederholten Aborten (McQueen et al. 2015).
Die für eine Endometritis typischen Mikropolypen sehen wir in unserem Zentrum bei ca. 850 Mini-Hysteroskopien/Jahr bei weniger als 10 Fällen, was nicht der tatsächlichen Prävalenz entsprechen kann. Ein Test mit hoher Sensitivität und Spezifität (im Vergleich z.B. zur deutlich schlechteren HE-Färbung) ist der immunhistochemische Nachweis von Plasmazellen im Endometrium mit Hilfe des Plasmazell-spezifischen Antikörpers CD138. Überschreitet die Zahl der Plasmazellen in einem definierten Areal der Endometriumprobe einen cut off, liegt eine chronische Endometritis vor.
Aufgrund zahlreicher Publikationen der letzten Jahre zur Prävalenz der chronischen Endometritis bei wiederholten Aborten und Patientinnen mit einem Implantationsversagen, der effektiven antibiotischen Therapie (2x 100 mg Doxycyclin/d über 14 Tage mit 100% Heilungsrate nach 1. Kur, McQueen et al. 2015) und den Hinweisen auf eine Verbesserung der Lebendgeburtenraten haben wir die Endometriumbiopsie und Untersuchung des genannten Antikörpers CD138 seit Januar 2017 in unserem Zentrum in Kooperation mit unseren Kieler Pathologen etabliert. Erste Ergebnisse bestätigen vor allem im Kollektiv mit wiederholten Aborten eine Prävalenz der chronischen Endometritis von ca. 25% sowie eine 100%ige Heilungsrate bei den bisher antibiotisch behandelten und kontrollbiopsierten Patientinnen.
Wir hoffen, mit dieser Untersuchung eine bisher bestehende diagnostische Lücke bei den beiden genannten Indikationen sinnvoll geschlossen zu haben und sind gespannt auf die weiteren Ergebnisse.
Literatur
Bouet et al. Chronic endometritis in women with recurrent pregnancy loss and recurrent implantation failure: prevalence and role of office hysteroscopy and immunohistochemistry in diagnosis. Fertil. Steril. 2016; 105: 106-110.
Cicinelli et al. Prevalence of chronic endometritis in repeated unexplained implantation failure and the IVF success rate after antibiotic therapy. Hum. Reprod. 2015; 30: 323-330.
McQueen et al. Pregnancy outcomes in women with chronic endometritis and recurrent pregnancy loss. Fertil. Steril. 2015; 104: 927-931.
Prof. Dr. med. Frank Nawroth