Neues aus der Wissenschaft

15.08.2025 | Antworten auf tägliche Fragen zur Follikelreifung

In der Reproduktionsmedizin ist die Follikelreifung eines der Kernthemen sowohl im interkollegialen als auch im Patientengespräch. Dabei gibt es ganz pragmatische Fragen, die sich wiederholen und auf die man eine Vielzahl von Antworten sowohl in den sozialen Medien als auch in Fachkreisen erhält, weil diese oft „aus dem Bauch“ gegeben werden.
In einer aktuellen Arbeit, die sich mit dem derzeitigen Wissen zur Follikelreifung beschäftigt, werden einige dieser Fragen aufgegriffen und – auf der Basis der vorhandenen wissenschaftlichen Daten – bestmögliche Antworten formuliert (Mumusoglu et al. Initial and cyclic recruitment of ovarian follicles: a quarter-century update. Reprod. Biomed. Online 2025; Jun 18: Online ahead of print).

Verzögert sich durch die Anwendung hormonaler Kontrazeptiva die Menopause?

  • Wahrscheinlich nicht. Der periovulatorische Gonadotropinanstieg und damit die Ovulation werden zwar beeinflusst, aber man geht davon aus, dass es trotzdem zu einem kontinuierlichen Follikelwachstum bis zu den antralen Stadien kommt und daher die eigentliche initiale und zyklische Follikelreifung nicht beeinträchtigt ist. 

Erleben Frauen mit dizygoten Zwillingen die Menopause früher?

  • Die Antwort ist unklar, tendiert aber eher in Richtung „eventuell nicht“. Beschrieben wurde, dass Frauen mit dizygoten Gemini höhere FSH-Werte aufweisen, was eine akzelerierte ovarielle Erschöpfung befördern könnte. Man muss weitere Daten abwarten.

Erleben Frauen nach wiederholten Gonadotropinen-Stimulationen die Menopause früher?

  • nein. In Studien ist ein solcher Einfluss widerlegt worden. Wiederholte Stimulationszyklen sind nicht die Ursache einer frühen Menopause, sondern spiegeln lediglich die mit der Infertilität verbundene verringerte ovarielle Reserve wider.

Erfolgt die Ovulation alternierend zwischen beiden Ovarien?

  • nein. Manche Frauen weisen zwar abwechselnde oder bevorzugte Ovulationsmuster auf, aber bei normal fertilen Frauen erfolgt die Ovulation in aller Regel normalerweise zufällig in einem der Eierstöcke. Selektiert wird dabei der im jeweiligen Zyklus FSH-rezeptivste Follikel, der durch seine Östrogensekretion die eigene FSH-Rezeptivität weiter steigert und gleichzeitig durch das negative Feedback auf die hypophysäre FSH-Sekretion die Atresie der „nicht auserwählten“ frühen antralen Follikel bewirkt.

Weisen Frauen mit einem PCO-Syndrom ein anderes Menopausen-Alter auf?

  • Studien zeigten einen etwa 1-2 Jahre späteren Eintritt der Menopause bei Frau mit einem PCOS verglichen mit Frauen ohne PCOS. Bisher fehlen aber umfangreiche Langzeitstudien, die bei jüngeren PCOS-Frauen gemessene AMH-Werte mit dem tatsächlichen Alter der Menopause korrelieren.

Beeinflusst eine Endometriose die Follikelaktivierung und den Beginn der Menopause?

  • Nach derzeitigem Wissen führt das entzündliche Milieu der Endometriose zu einem beschleunigten Abbau der Primärfollikel und früherem Eintritt der Menopause. Es fehlen jedoch endgültige kausale Daten. Für die Klärung, ob und wie die Endometriose die ovarielle Alterung beeinflusst, sind prospektive, longitudinale Studien unter Berücksichtigung der genauen Erkrankungslokalisation, der operativen Anamnese und Markern der ovariellen Reserve erforderlich.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth 

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